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Probleme an Kondensatableitern
Wasserschlag: Der Entstehungsmechanismus
Wie entsteht Wasserschlag?
Bekannt ist sicherlich der laute, hammerähnliche Schlag beim schnellen Öffnen und Schließen von Wasserventilen. Hierbei handelt es sich um Wasserschläge in einem Wasserleitungssystem. In größeren Anlagen kann dieser Effekt etwa bei Anfahren oder Stoppen von Pumpen sowie dem plötzlichen Schließen von Entlüftern auftreten.
Wasserschlag entsteht jedoch auch in Dampf- und Kondensatleitungen. Die vorliegende Serie von Artikeln beschäftigt sich mit dieser Art von Wasserschlägen. Wenn kondensierender Dampf beteiligt ist, spricht man manchmal auch von Dampfschlägen oder besser Kondensationsschlägen.
Die Gefahren des Wasserschlages.
Beim Anfahren von Dampfleitungen oder Dampfanlagen entstehen oft metallisch klingende Klopfgeräusche oder gar heftige Schläge, gefolgt von einer Vibration der Dampfleitung. Vermutlich sind den meisten Betreibern einer Dampfanlage diese Geräusche bekannt.
Beim Auftreten von Wasserschlägen werden für eine sehr kurze Zeitspanne Drücke von über 100 bar ü in der Dampfleitung erreicht.
Dieser Druckstoß kann zu ernsthaften Erschütterungen in Rohrleitungen, Anlagen oder Maschinengehäusen führen. Mögliche Schäden können nicht nur schadhafte Dichtungen sein, sondern auch das Bersten von Ventilgehäusen.
Beispiele für durch Wasserschlag beschädigte Armaturen und Rohrleitungen |
Bei solchen Schäden strömen heiße Medien wie Dampf und Kondensat in großen Mengen aus und können zu ernsthaften Verletzungen führen. Leider sind auch Todesfälle als Konsequenz von Wasserschlägen bekannt. Trotz dieser Unfälle sind jedoch kaum Forschungsergebnisse oder Literatur vorhanden, welche sich mit den Ursachen und der Vermeidung von Wasserschlag auseinandersetzen. Viele Betreiber von Dampfanlagen stehen Wasserschlägen daher oft ratlos gegenüber.
Stellen, an denen Wasserschläge auftreten
Der Enstehungsmechanismus des Wasserschlages
Wasserschlag in Dampf- und Kondensatsystemen kann in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden.
- Aufschlag beschleunigter Kondensatpfropfen auf die Rohrwandung etc.
- Kondensationsschläge aufgrund plötzlicher Implosion von Dampfblasen
Aufschlag beschleunigter Kondensatpfropfen
Durch Wärmeabstrahlung kondensieren Teile des Sattdampfes, und es bildet sich Kondensat in der Dampfleitung. Bei nicht ausreichender Entwässerung werden Tropfen des angestauten Kondensats durch den mit hoher Geschwindigkeit strömenden Dampf mitgerissen. Es bilden sich Kondensatwellen, die sich immer höher aufbauen und schließlich den Leitungsquerschnitt ausfüllen. Dies geschieht analog zu hohem Wellengang, verursacht durch starken Wind. Nachströmender Dampf schießt dann den so gebildeten Kondensatpfropfen mit hoher Geschwindigkeit vor sich her.
Bei den nächsten Querschnittsveränderung in der Dampfleitung, wie etwa einem Ventil oder Krümmer, schlägt der Kondensatpfropfen mit hoher Geschwindigkeit auf die Rohrwandung auf, was Wasserschlag genannt wird.
Kondensationsschläge aufgrund plötzlicher Implosion von Dampfblasen.
Bei der Wärmeabgabe kondensiert Dampf und wird wieder zu Wasser, welches etwa ein um den Faktor 1000 geringeres Volumen besitzt. Trifft heißer Dampf auf kühles Kondensat, findet die Kondensation plötzlich statt, einhergehend mit einer schlagartigen Volumenreduktion, auch Implosion genannt.
Während dieser plötzlichen Kondensation stellt sich im nun freigewordenen Raum, den zuvor noch der Dampf ausfüllte, ein Vakuum ein, welches das umgebende Kondensat schlagartig ansaugt. Der Zusammenprall des augenblicklich einströmenden Kondensats verursacht die zweite Form des Wasserschlages.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Mischung von heißem Dampf und kühlem Kondensat gefährlich ist. Dies ist jedoch oft die Regel in vielen Kondensatleitungen, weshalb die Vermeidung dieser Art des Wasserschlages oft nicht ganz einfach ist.
Diese Form des Wasserschlages tritt jedoch nicht nur in Kondensatleitungen auf, sondern auch in Dampfleitungen und -verbrauchern.
Schwerwiegende Folgen sind bei beiden Arten des Wasserschlages möglich, jedoch treten diese bei Kondensationsschlägen häufiger auf.
Das oben gezeigte Video zeigt eine Realaufnahme aus dem TLV Forschungslabor. Der durch Dampf herbeigeführte Wasserschlag wird in einer durchsichtigen Kondensatleitung gezeigt. Diese Art des Wasserschlags tritt auf, wenn Dampfräume in Kondensatleitungen kollabieren. |
Der Einfluss der Kondensattemperatur auf Wasserschläge
Lange war man der Meinung, dass mit sinkender Kondensattemperatur die Gefahr des Wasserschlages zunimmt. Untersuchungen von TLV haben jedoch ergeben, dass die Heftigkeit eines Wasserschlages am Größten ist, wenn sich die Temperatur des Kondensat nur wenig unter der Sattdampftemperatur befindet.
Bei einer Dampftemperatur von 100°C etwa bilden sich bei einer Kondensattemperatur von 70 - 80°C mehr und stärkere Wasserschläge aus als bei 50 - 60°C.
Der Einfluss von Wasserschlägen kann sogar mathematisch berechnet werden. Die Ergebnisse zeigen einen starken Zusammenhang zwischen der Stärke eines Wasserschlages und dem Volumen der Dampfblase vor der Kondensation.
Wie in der Zeichnung dargestellt, lassen sich drei Zonen einer Wasserschlaggefahr in Abhängigkeit von der Kondensattemperatur erkennen
- In der Zeichnung links: Dampf kondensiert beim Auftreffen auf kaltes Kondensat zwar plötzlich, dies geschieht jedoch in Form vieler kleiner Blasen, aus denen sich keine großen Dampfblasen und damit keine starken Wasserschläge bilden können.
- Mittig in der Zeichnung dargestellt ist der Zustand, der die stärksten Wasserschläge verursacht. Durch den vergleichsweise geringen Temperaturunterschied von 20-30°C findet zwar keine plötzliche Kondensation statt, die Temperatur ist jedoch tief genug ist, daß der Kondensationsprozess beginnt. Dieser angestossene Prozess führt ebenfalls zu einem Kondensationsschlag, jedoch erst nach einer gewissen Abkühlung und daher mit einer zeitlichen Verzögerung. Diese zeitliche Verzögerung erlaubt die Bildung größerer Dampfblasen, welche durch die volumenmäßige größere Implosion stärkere Dampfschläge verursachen.
- In der Zeichnung rechts: Trifft Dampf auf Kondensat gleicher Temperatur trifft, findet keine plötzliche Kondensation und somit kein Wasserschlag auftritt. Bestätigt wird diese Erkenntnis mit dem Ausbleiben von Wasserschlägen am Auslass eines Kondensatableiters, bei dem Entspannungsdampf und Kondensat mit der gleichen Temperatur vorhanden sind.
So bilden sich etwa bei einer Kondensattemperatur von 70 - 80°C größere Dampfblasen, die heftige Kondensationsschläge verursachen. Was jedoch löst diesen Vorgang aus? Dies Antwort gibt der nächste Artikel, Wasserschlag - Ursache und Ort des Auftretens.